Mag. Stefan Reichelt
Mag. Stefan ReicheltMBA
Wien/Österreich

Bewahrung vor einer falschen Lebensentscheidung

Ich komme ursprünglich aus einer katholischen Familie und wurde kirchlich sozialisiert, traf aber zu Beginn meines Studiums in Graz mit 19 Jahren die bewusste Entscheidung, mich von Gott loszusagen. Ich hatte zu dieser Zeit ein Gottesbild und ein Selbstverständnis von christlichem Leben, das mich sehr unter Druck setzte und mich alles hinterfragen ließ, was ich tat. Als ich als junger Student dann merkte, wie sehr mich dieses „Korsett“ einengte und sogar in eine Depression stürzte, wandte ich mich in einem „Gebet“ bzw. Gespräch mit Gott von ihm ab und erklärte mich für „frei“ von kirchlichen Regeln und Zwängen. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt Gott persönlich noch nicht kennengelernt, sondern das katholische Leben eher als „Lifestyle“ mit meinen Freunden und meinem sozialen Umfeld verstanden.

Es folgten Jahre an der Universität, in denen ich meine neu erworbene „Freiheit“ genoss, ohne auch nur einen Gedanken an mögliche Konsequenzen meines neuen Lebensstils zu verschwenden. Ich ging auf viele Partys, hatte viele Beziehungen und lebte völlig in den Tag hinein. Es folgte der Berufseinstieg und bald gute berufliche Erfolge als Personalberater in einem großen, internationalen Headhunting-Unternehmen mit noblem Büro im Zentrum von Wien. Ich hatte das Gefühl, dass ich alles erreichen kann und mir – nachdem sich meine Karriere sehr gut entwickelte – zu meinem Glück nun nur noch eine Frau an meiner Seite fehlte, mit der ich auch eine Familie gründen konnte. Also ging ich auch dieses „Projekt“ an, um mir nun auch meinen privaten Erfolg zu erarbeiten. Da ich vor lauter Arbeit kaum Zeit hatte Frauen kennenzulernen, registrierte ich mich in einer Online-Partnerbörse und lernte nach nur wenigen Wochen eine sehr elegante, junge Frau kennen, mit der ich rasch eine Beziehung begann. Sie stammte aus einer sehr wohlhabenden Familie. Die Kombination von Schönheit und Wohlstand beeindruckte mich und nach nur wenigen Monaten zogen wir zusammen – in eine Penthouse-Wohnung, die im Eigentum der Familie war. Was konnte ich mir Besseres wünschen? Nach nicht einmal einem Jahr verlobten wir uns und begannen unsere Hochzeit zu planen. Wir hatten diese Entscheidung nicht wirklich geprüft und auch nie darüber gesprochen, sondern aus einem Impuls und aus der eigenen Sehnsucht heraus gehandelt. Wir hätten sicherlich auch den finalen Schritt vor den Traualtar gemacht, wenn es nicht – ca. 3 Monate vor der Hochzeit – zu einem offenen Konflikt bei einem Familientreffen gekommen wäre, der mich zum Nachdenken brachte. Sehr vieles hatte in der Beziehung nicht gepasst und mich und sicherlich auch meine Partnerin sehr belastet. Dazu kam, dass wir in diesem Stadium die notwendigen Fähigkeiten und Voraussetzungen für eine erfolgreiche Beziehung nicht mitbrachten, geschweige denn für eine Ehe und Familie. Da wir aber nie darüber sprachen und durch das gemeinsame Wohnen der „gesunde Abstand“ fehlte, um klar sehen zu können, kamen die Probleme nie richtig zum Vorschein. Meine Familie sah die Problem sehr klar, wollte mich aber in meiner Entscheidung nicht beeinflussen – wofür ich ihnen im Nachhinein dankbar bin, da es bei mir wohl zu einer „Jetzt erst recht“ - Reaktion geführt hätte. Erst später erfuhr ich, dass meine Mutter, meine Schwester, meine Großmutter und meine Tante lange für mich gebetet hatten, dass ich mich aus dieser Beziehung lösen könnte.

Nach dem Streit beim Familientreffen war ich am Boden zerstört, da ich merkte, dass in meiner Beziehung, von der ich mir so viel erträumt hatte, einiges nicht stimmte. Aber vielleicht ließ es sich noch reparieren? Ich blieb nach dem Konflikt alleine bei meinen Eltern und betete das erste Mal seit langem wieder richtig. Es war ein Hilferuf aus meinem tiefsten Herzen. Ich wusste, dass ich nun eine Entscheidung treffen musste. Ich sagte Gott: „Ich weiß, dass es Dich gibt, ich mich aber lange nicht für Dich interessiert habe. Nun aber brauche ich deine Hilfe! Alleine kann ich diese Entscheidung nicht treffen.“

In dem Moment, in dem ich diesen Hilferuf aussprach, spürte ich inmitten meiner Verzweiflung plötzlich einen sehr tiefen Frieden und Trost und ich wusste, dass Gott mich gehört hatte und mir helfen würde. Ich wusste auf einmal glasklar, was ich zu tun hatte. Es ist sehr schwer, diesen Moment, in dem man die Gegenwart Gottes so deutlich spürt, mit Worten zu beschreiben – alles was ich sagen kann ist, dass mein Leben danach nicht mehr das gleiche war wie davor.

Ich erinnerte mich in diesem Moment auch daran, dass Gott auch durch die Bibel immer wieder zu Menschen spricht. Also betete ich und zog online nach Zufallsprinzip zwei Bibelstellen, mit der Bitte, dass Gott mir nochmal durch sein Wort eine Bestätigung geben würde, für den Weg, den ich nun gehen sollte. Beide Stellen waren sehr passend und gaben mir Mut, den notwendigen Schritt wirklich zu setzen. Eine der Stellen war Lukas 9,25: „Jesus Christus spricht: Was nützt es einem Menschen, wenn er die ganze Welt gewinnt, dabei aber sich selbst verliert und Schaden nimmt?“ Das war tatsächlich eine Ansage! Was hätte ich von allem materiellen Wohlstand, Lifestyle, Erfolg, … wenn ich dabei mich selbst und Gott verlöre?

Zwei Tage später fuhr ich in die gemeinsame Wohnung und sammelte unter Tränen meine Kleidung für 2 Wochen zusammen, um auszuziehen. Ich wusste, dass ich hier einen radikalen Schritt setzen und rasch handeln musste, sonst würde ich es nicht schaffen. Während ich meine Sachen packte, dachte ich mir immer wieder „Es ist eine absolute Katastrophe was hier gerade passiert!“.

Als ich dann mit meinem vollgepackten Auto in Richtung einer kurzfristig gemieteten Unterkunft unterwegs war, musste ich bei einer der Ampeln stehenbleiben. Ich blickte aus dem Fenster und was ich da auf einer Werbetafel für das Wiener Burgtheater las, traf mich bis ins Mark: „Vielleicht ist das die Chance deines Lebens, diese Katastrophe“. Ich hatte doch in der Wohnung die ganze Zeit diesen Begriff im Kopf, als Beschreibung, was mir in den letzten Tagen hier widerfahren war! In dem Moment war mir auch sehr klar, dass das alles kein Zufall war, sondern ein weiteres Zeichen von Gott für mich, dass der soeben unter vielen Tränen vollzogene Schritt der richtige war und dass er mich führte. Als ich Tage später meinen engsten Kollegen im Büro von meinem Schritt erzählte, wunderten sie sich, woher ich die Kraft für diesen sehr schweren Entschluss genommen hatte. Eine Kollegin war vor ca. 15 Jahren in einer sehr ähnlichen Situation gewesen, hatte den Mann dann aber dennoch geheiratet, gemeinsam Kinder bekommen und musste dann 10 Jahre später eine für alle Beteiligten sehr schmerzhafte Scheidung durchmachen, die gesundheitlich auch schwere Konsequenzen für sie hatte. An diesem, aber auch an anderen Beispielen sah ich, welchem Schicksal ich da in letzter Minute entgangen war. Bei uns wäre es nicht anders gelaufen.

Ich bin mir sicher, dass ich es ohne Gott nicht aus der Beziehung geschafft hätte und dass er mir die Kraft gab, die notwendige Klarheit und Konsequenz zu haben.

Tatsächlich bewahrheitete sich auch der Spruch, den ich am Tag meines Auszugs gelesen hatte. Die Katastrophe wurde zur Chance meines Lebens. Ich hatte in den Tagen, an denen ich Gott um Hilfe gebeten hatte, ihn so intensiv erleben dürfen, dass danach nichts mehr war wie davor. Ich begann von einem Tag auf den anderen wieder zu beten und nahm mir vor alles zu tun, um diesen Gott besser kennenzulernen, den ich da erlebt hatte und der mich, trotz meiner langjährigen Abkehr von ihm anscheinend so liebte, dass mein Schicksal ihm nicht egal war und er mir in meiner großen Not so direkt half. Es war auch neu für mich, dass Gott so greif- und erfahrbar war.

In den nächsten 2 Jahren durfte ich Jesus noch viel persönlicher kennenlernen und wurde sehr intensiv von ihm geführt bzw. lernte durch die Hilfe von einigen, tollen katholischen Gemeinden und Gemeinschaften viel über den christlichen Glauben. Auch das Gebet musste ich komplett neu lernen.

Auch meine Mutter hörte anscheinend nicht zu beten für mich auf, denn vor nicht all zu langer Zeit erzählte sie mir, dass sie den Hl. Papst Johannes Paul II sehr verehrte und ihn jahrelang um Fürsprache bei Gott bat, damit ich eine gute Partnerin finden möge. Und wo lernte ich meine spätere Frau kennen? Im Zentrum Johannes Paul II. Wir sahen uns das erste Mal in der Kapelle bei der eucharistischen Anbetung – wo sie um den richtigen Ehemann betete.

 

 

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