Dejan Stevanovic
Dejan Stevanovic
Salzburg / Österreich

Mein Weg vom Kriminellen zum Pfarrer

Ich stamme ursprünglich aus Vukovar in Kroatien. Meine Eltern sind mit meinem jüngeren Bruder und mir im Jahr 1991 nach dem  Ausbruch des Kriegs zwischen Kroaten und Serben vor den heftigen Kämpfen nach Österreich geflohen. Ich war damals 10 Jahre alt. So glücklich wir waren, dem fürchterlichen Krieg entronnen zu sein, so schwer war es aber auch, in einem fremden Land mit einer unbekannten Sprache ein neues Leben zu beginnen. Mein Vater war auf Arbeitssuche und viel weg, meine Mutter war vom Krieg traumatisiert, sodass wir Kinder weitgehend auf uns alleine gestellt waren. In der Schule war ich als Flüchtlingskind in der Anfangszeit ein Fremdkörper, der sich kaum mit den anderen verständigen konnte. Ich fühlte mich sehr alleine und verlassen.

Da ich evangelisch getauft war, musste ich vor meiner ersten Religionsstunde meine Klasse verlassen und jene Klasse suchen, in der nun mein Religionsunterricht stattfinden sollte. Ich hatte mich etwas verspätet, der Unterricht hatte schon begonnen und ich betrat etwas aufgeregt die fremde Klasse. Als mich die Religionslehrerin sah, breitete sie die Arme aus, umarmte mich und sagte: “Es ist schön, dass du da bist!“ Dieser so herzliche Empfang war für mich in der Fremde so unglaublich schön, dass ich das niemals vergessen werde. Ich habe dann im Laufe der Zeit erfahren, dass ihre Herzlichkeit ihre Ursache darin hatte, dass sie aus ihrem Glauben lebt und versucht, die Aufforderung zur Nächstenliebe in allem, was sie tat, zu verwirklichen.

Meine Religionslehrerin hat viel Zeit mit mir verbracht, sie hat mir geholfen, die deutsche Sprache zu erlernen und vor allem, sie hat mir den Glauben an Gott näher gebracht. Ich bin dann regelmäßig  zu den Messen mit dem Rad gefahren, die ihr Mann als evangelischer Pfarrer gehalten hatte. Ich spürte, dass beide das lebten, woran sie glaubten. Meine Eltern hatten aber meine Entwicklung zunehmend kritisch gesehen, sie hielten es für verrückt, was ich da tat.       

Nach Abschluss der Hauptschule hatte ich den Berufswunsch Pfarrer zu werden. Meine Eltern waren da aber strikt dagegen. Mein Vater sorgte dafür, dass ich eine Ausbildung für Computer - Technik begann, wofür ich in eine Stadt und in ein Internat ziehen musste. Eigentlich wollte ich diese Ausbildung gar nicht machen, ich hatte sie nur wegen meinem Vater begonnen. Ich war nun weit weg von Zuhause und auch weit weg vom Umfeld meiner Religionslehrerin, die mich so positiv beeinflusst hatte. Im Grunde war ich in dieser Situation wiederum ganz alleine auf mich gestellt.

Ich kam in Kontakt mit esoterischer Literatur. Besonders interessierte mich alles, was mit Okkultismus zu tun hatte, das übte auf mich eine ganz besondere Faszination aus. Die Neugierde und der Nervenkitzel, auszuprobieren, was dabei passieren würde, bewogen mich, in meinem Internat sogar eine  „Schwarze Messe“ abzuhalten. Dazu gehört es auch Geister zu rufen und ich wollte probieren, ob das funktioniert. Ich hatte Freunde dazu eingeladen. Als sich dann tatsächlich Geister gemeldet hatten, wurde das meinen Freunden so unheimlich, dass sie alle das Zimmer verließen, ich war plötzlich alleine. Mich aber schreckte diese Erfahrung überhaupt nicht, ich wollte vielmehr ausprobieren, was mit Okkultismus alles möglich ist.

Nachdem mich meine Freunde bei diesen okkulten Experimenten im Stich gelassen hatten, suchte ich in der Stadt nach Gleichgesinnten, mit denen ich weitermachen könnte. Ich fand aber niemanden, stattdessen kam ich in Kontakt mit Alkohol und Drogen.

Bald darauf musste ich die Schule verlassen, weil ich in zwei Dritteln der Fächer mit „Nicht Genügend“ abgeschlossen und auch 170 Fehlstunden aufgewiesen hatte. Mein Vater vermittelte mir dann eine Lehre als Maschinenschlosser.

Dieser Versuch, einen beruflich ordentlichen Weg einzuschlagen, war aber erfolglos. Ich hatte keine Lust zum Arbeiten und wollte lediglich so rasch wie möglich zu Geld kommen. Ich schloss also diese Ausbildung auch nicht ab und wurde kriminell. Der falsche Umgang und meine persönliche Perspektivenlosigkeit zogen mich immer stärker in einen Dunstkreis von Gewalt und Kriminalität. Ich wurde mehrfach vorbestraft und war in der Drogenszene bald der Boss einer Clique von rund 40 Personen.

Eines Tages lernte ich auf einer Party ein Mädchen kennen, das mir gefiel, ich wollte mich an sie heranmachen. Einem anderen Mitglied der Clique gefiel dieses Mädchen ebenfalls. Ich bemerkte das und es kam zu einem Streit. Ich machte ihm als Boss der Clique klar, dass er Probleme mit mir bekommen würde, wenn er die Party nicht sofort verlassen würde. Er ging dann tatsächlich. Am nächsten Tag erfuhr ich, dass dieser Freund tot war, er war in dieser Nacht an einer Überdosis Rauschgift gestorben.

Bei dessen Beerdigung war die Mutter zutiefst verzweifelt. Als sie mich sah, kam sie auf mich zu, packte mich und fragte: „Wieso?? Wieso ist er gestorben, was ist da passiert???“

Diese Konfrontation löste in mir einen Schock aus, ich wusste ja, was am Vortag passiert war. Plötzlich wurde mir auch bewusst, in was für eine Lebenssituation ich mich in den letzten Jahren hineinmanövriert hatte. Ich erkannte auf einmal, dass mein Leben so nicht weitergehen konnte, es würde vermutlich ebenfalls dramatisch enden. Ich spürte, dass ich Hilfe brauchen würde, um da herauszukommen. Das erste, was mir daraufhin einfiel, war, dass ich wieder einmal zum Gottesdienst gehen sollte. Mich zog es plötzlich wieder in die Pfarre meiner Kindheit.

Ich wollte aber keinesfalls meine Religionslehrerin oder den Pfarrer treffen, sie wären von mir zutiefst enttäuscht gewesen, wenn sie mich 7 Jahre nach meinem letzten Kontakt plötzlich als tätowierten, vorbestraften und drogen- sowie alkoholabhängigen Problemfall erleben würden. Ich setzte mich also ganz hinten in die Kirchenbank, verließ aber die Kirche, kurz bevor der Gottesdienst zu Ende war, um ja von niemandem und vor allem nicht vom Pfarrer angesprochen zu werden.

Als ich dann im Auto saß, wurde mir anschließend daran mein gesamtes verpfuschtes Leben erst so richtig bewusst. Ich war zutiefst verzweifelt. Ich konnte nur mehr vor mich hinsagen: „Gott, ich glaube, dass auch du mir in meiner Situation nicht mehr helfen kannst“.

Gott hat mir aber geholfen und zwar viel rascher, als ich mir es vorstellen konnte.

Am nächsten Tag wollte mich ein Freund treffen. Wir setzten uns gegen 8 Uhr mit mehreren Bierflaschen in einer Bushaltestelle zusammen, als ich plötzlich die Stimme meiner ehemaligen Religionslehrerin hörte: „Dejan, bist du das? Ist es nicht ein bisschen zu früh zum Trinken??“ Mir war das unglaublich peinlich. Ich hatte sie so lange nicht mehr gesehen und jetzt erlebte sie mich in dieser Situation. Ich habe daher ausweichend geantwortet und sie angelogen. Da sie einen zeitlichen Stress hatte, ging sie rasch weiter, wobei sie mich aber zuvor noch zu sich nach Hause eingeladen hatte.   

Ich wollte nun verschwinden, weil meine Religionslehrerin sicher bald wieder zurückkommen würde. Ich wollte unter keinen Umständen von ihr noch einmal gesehen werden. Also zog ich mich gemeinsam mit meinem Kumpan und mit unserem Bier hinter den Bahnhof zurück, dorthin, wo sich üblicherweise Jugendliche gerne verstecken, wenn sie heimlich rauchen wollen, ohne entdeckt zu werden. Wir saßen dort also mehr oder weniger versteckt beisammen, tranken und rauchten, als ich plötzlich wiederum die sehr überraschte Stimme meiner Religionslehrerin hörte: „Dejan, du rauchst?!?“ Ich fühlte mich ertappt und stotterte ausweichend herum. Sie sagte auch diesmal, dass sie keine Zeit und Stress hätte und dass sie rasch nach Hause müsste, aber ich solle sie unbedingt besuchen.

Mir wurde das unheimlich und wir beschlossen, in die Wohnung meines Freundes zu fahren, um dort weiter zu trinken. Wir haben dann den ganzen Tag miteinander verbracht.

Am Abend wollte ich mit meinem Auto nach Hause fahren und blieb nur unterwegs noch rasch bei einem Supermarkt stehen, um etwas zum Essen zu kaufen. Als ich ausstieg, rollten mir ein paar Äpfel entgegen. Ich sammelte diese Äpfel ein und suchte die Person, die diese Äpfel verloren hatte. Als ich mich umdrehte, sah ich meine Religionslehrerin, der ein Sack voll mit Äpfeln gerissen war. Wir schauten uns beide überrascht an und sie fragte, was ich denn hier täte. Als ich ihr erzählte, dass ich mir etwas zum Essen kaufen wollte, sagte sie entschieden, dass ich nichts kaufen und stattdessen zu ihr nach Hause zum Essen kommen solle. Ich solle voraus fahren, ich würde mich in ihrem Haus ohnedies auskennen, sie müsse nur noch schnell etwas einkaufen und würde gleich danach kommen.

Ich fuhr also zu ihrem Haus und überlegte krampfhaft, mit welchen Lügen ich mich jetzt herausreden könnte. Ich wollte ihr auf keinen Fall erzählen, wie es mir wirklich ging und was ich all die Jahre getrieben hatte. Ich setzte mich in die Küche und wartete.

Als sie heimkam rief sie bei der Haustüre gleich laut nach ihrem Mann: „Siegfried, komm raus, du wirst nicht glauben wen ich gefunden habe – der verlorene Sohn ist wieder heimgekehrt!“ Ihr Mann kam nun ebenfalls herauf in die Küche und als er mich dann sah, rief er voll Freude: „Dejan, wenn du wüsstest, wie lange wir für dich gebetet haben! Wenn du wüsstest, wie oft wir an dich gedacht und uns gefragt haben, wie es dir wohl so geht, was aus dir geworden ist!“ Ich stand ganz betroffen da und wusste nicht, was ich sagen sollte. Aber bevor er irgendetwas von meinem Leben wissen wollte, wollte er mit uns beten und Gott dafür danken, dass ich wieder aufgetaucht bin.

Dieses Gebet hat dann bei mir alle Schleusen geöffnet, ich konnte nur mehr weinen. Schließlich konnte ich den beiden alles erzählen, alles, was ich getan hatte, mein ganzes verpfuschtes Leben.

Der Abend endete damit, dass mich Siegfried eingeladen hatte, Jesus mein ganzes Leben zu übergeben. Ich habe dann, bevor ich zu mir nach Hause gefahren bin, ein Gebet zur Lebensübergabe gesprochen. Ich habe Jesus gebeten, in mein Leben zu kommen und mir in meiner Situation zu helfen.

Schließlich fuhr ich nach Hause, ich konnte aber nicht einschlafen. Gewohnheitsmäßig drehte ich mir einen Joint aus Marihuana, etwas, das ich immer gemacht hatte, wenn ich nicht schlafen konnte. Doch diesmal stieg plötzlich ein Widerwille in mir hoch, ich nahm den gesamten Vorrat an Marihuana, den ich besaß und spülte ihn die Toilette hinunter. Danach begann ich alle Poster und die ganzen Bücher und Unterlagen, die ich plötzlich als Mist empfand, aus dem Zimmer zu räumen. Erst dann hatte ich einen inneren Frieden und konnte schlafen.

Gott half mir dann, innerhalb kurzer Zeit mein Leben umzukrempeln. Ich erkannte, dass Jesus mein Leben in seiner Hand hält und begann ihm zu folgen. Ich habe dann immer mehr meinen inneren Frieden in ihm und in seinem Erlösungswerk gefunden. Aus diesem inneren Frieden suchte ich nun selber den Frieden und die Versöhnung mit meiner Vergangenheit und mit meiner Familie. Besonders tief berührt hat mich die Versöhnung mit meinem Vater, den ich einige Jahre nicht mehr gesehen hatte. Er verstand meinen Weg noch immer nicht, aber es faszinierte ihn, dass der Glaube an Jesus mein Leben so verändert hat.

Jetzt bin ich evangelischer Pfarrer und es ist mir ein Anliegen, den Menschen die Liebe Gottes zu vermitteln, die ich selber erfahren durfte. Ich durfte erfahren, dass Gott auf unser Beten hört. Meine Religionslehrerin und ihr Mann haben treu für mich gebetet. Ich will es ihnen nachmachen, damit nun für andere daraus Segen wachsen kann.

 

https://www.youtube.com/watch?v=RiWPkVyOBE0

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